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06.05.2021

Wasserstoff-Microgrid-Testlabor an der Hochschule Bremerhaven errichtet

Forschung

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen an Energieversorgung von morgen

Er gilt als Energielieferant der Zukunft: grüner Wasserstoff. Ob als Fahrzeugantrieb für öffentliche Busse und Züge, Pkw, Fähren oder Schwertransporte - die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielfältig. Mit ihm lassen sich Kraftstoffe herstellen und Alternativen zu herkömmlichen Elektroautos schaffen. Auch als Methanersatz für die Gasheizung von Gebäuden kann er genutzt werden. Welche ungenutzten Möglichkeiten für Verkehr, Industrie und Verbraucher sich in der Wasserstofftechnologie verbergen, möchte das Projekt „Wasserstoff-grünes Gas für Bremerhaven“ herausfinden. Die Hochschule Bremerhaven und das Bremerhavener Technologietransferzentrum (TTZ) entwickeln unter der Leitung von Prof. Dr. Carsten Fichter gemeinsam vier Anwendungsbereiche für verschiedene Wirtschaftssektoren. Projektleiter der Teilstudie an der Hochschule ist Prof. Dr.-Ing. Uwe Werner. Dort erforscht ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das Potenzial von Wasserstoff-Microgrids. Für diesen Zweck wurde nun ein Testlabor in einem Container eingerichtet. Hier sollen Microgrids mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Diese kleinräumigen elektrischen Energienetze könnten zukünftig einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung in regional abgegrenzten Gebieten leisten. 

Ein Inselnetz im Kleinformat ist das neue Testlabor. „Man muss sich das vorstellen, als wäre man tatsächlich auf einer Insel, auf der es ein eigenständiges elektrisches Energienetz gibt. Das bilden wir in unserem Container nach. Auf der einen Seite haben wir den Stromerzeuger, in unserem Fall Windenergie- und Photovoltaikanlagen sowie verschiedene Energiespeicher. Auf der anderen Seite sind die Verbraucher, also zum Beispiel die privaten Haushalte oder Unternehmen“, erklärt Prof. Fichter. Die Forschenden bearbeiten Fragestellungen zur Speicherdichte, Sicherheit, Lebensdauer, Benutzerfreundlichkeit, Wartungsfreiheit und Energieautarkie von Microgrids, die sich vollständig aus erneuerbaren Energien versorgen. „Für windschwache und sonnenarme Stunden kann die benötigte Energiemenge aus gespeichertem grünem Wasserstoff bereitgestellt werden“ so Prof. Fichter. „Dafür wird ein Teil der elektrischen Energie der Windenergie- und Photovoltaikanlage durch Elektrolyse in grünen Wasserstoff umgewandelt, in Gasflaschen gespeichert und bei Bedarf durch eine Brennstoffzelle wieder in elektrische Energie umgewandelt.“ Auch der Unterschied zur Nutzung von einfachen Batteriespeichern wird untersucht. Die Ergebnisse sollen in einen Handlungsleitfaden für Unternehmen einfließen. „Wir hoffen, dass in Zukunft kleinere Arealnetze, beispielsweise Schiffe oder Baustellen, aber auch große wie das Lune Delta, CO2 neutral und ohne Netzanschluss mit Energie versorgt werden können“, sagt Prof. Werner. Durch den Einsatz von Wasserstoff als Speichermedium sei es außerdem möglich, autarke Inselsysteme saisonal und Tageszeit- unabhängig mit Energie zu versorgen. Dies wäre ein wichtiger Schritt für die Energiewende und zur Einsparung von Emissionen.

Bevor das Wasserstoff-Microgrid-Testlabor eingerichtet werden konnte, war viel Vorarbeit nötig. Es musste zunächst sichergestellt werden, dass die einzelnen Komponenten, z.B. Brennstoffzellen und Ventile, miteinander interagieren. Daher wurde zunächst eine Computersimulation erstellt, deren Ergebnisse in die Ausstattung des Testlabors einfließen. Im Wasserstoff-Microgrid wird nach Inbetriebnahme Wasserstoff durch Elektrolyse produziert und gespeichert. Außerdem kann vorhandener Wasserstoff mithilfe einer Brennstoffzelle wieder in elektrische Energie verwandelt werden. Was zunächst in kleinem Maßstab abgebildet wird, lässt sich später in einen größeren Maßstab auf den Energiebedarf des Gewerbegebiets Lune Delta übertragen. Erste Ergebnisse zeigen bereits jetzt Zusammenhänge zwischen den einzelnen Microgrid-Komponenten. Auch konnten bereits Untersuchungen zum Netzverhalten bei simulierten Spannungseinbrüchen durchgeführt werden.

Das zweijährige Projekt „Wasserstoff – grünes Gas für Bremerhaven“ möchte den Grundstein für die Wasserstoffwirtschaft in der Seestadt legen. Die neuen Aktivitäten knüpfen an die wissenschaftliche Kompetenz und bestehende Infrastruktur aus der Forschung für Windenergie, Energiewirtschaft, Elektrische Maschinentechnik und Verfahrenstechnik an. Die Projektpartner Hochschule Bremerhaven, ttz Bremerhaven und Fraunhofer IWES untersuchen in vier ausgewählten Anwendungen das Potenzial von grünem Wasserstoff und bereiten damit den Weg für wirtschaftliche, CO2-reduzierte Industrieprozesse sowie flexible und resiliente Strom- und Energiesysteme. Weitere Informationen zum Projekt unter www.hs-bremerhaven.de/gruenesgas und wind-wasserstoff-bremerhaven.de.

Das Projekt wird vom Land Bremen sowie aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Redakteur:in